Die Geschichte der Bomberjacke

Die Bomberjacke war ursprünglich nicht für Laufstege oder Streetstyle-Fotos gedacht, sondern für das Cockpit. Ihr direkter Vorläufer, die MA-1, wurde in den 1950er Jahren für die Besatzungen von US-Kampfflugzeugen entworfen. Sie sollte Piloten in großer Höhe warm und gleichzeitig beweglich halten. Die militärische Typennummer MIL-J-8279 gibt noch heute Auskunft über ihre genauen Spezifikationen. Vor der MA-1 gab es bereits Modelle wie die B-15 oder die Nylonjacke L-2, doch mit der MA-1 setzte sich ein Design durch, das noch Jahrzehnte später prägend für den Look der Bomberjacke sein sollte. Typisch war der Strickkragen (im Gegensatz zum früheren Fellkragen), der besser mit den Gurtsystemen von Fallschirmen kompatibel war.
Funktion trifft Design
Was die MA-1 besonders machte, war vor allem ihre Funktionalität. Gefertigt aus robustem Nylon, war sie wasserabweisend, strapazierfähig und gleichzeitig angenehm leicht. Das Innenfutter – ursprünglich aus Wolle, später aus Polyester – isolierte auch bei Temperaturen bis – 10 °C. Die Reißverschlüsse kamen von Herstellern wie Conmar oder Talon und galten als langlebig. Ein cleveres Detail, das heute oft übersehen wird: Ab Mitte der 1960er Jahre wurde die Jacke zur Wendejacke. Das auffällige orangefarbene Innenfutter diente im Notfall als Signalfläche für Rettungskräfte – einfach nach außen drehen und schon war der Pilot besser sichtbar.
Der Weg nach Europa
Während der Koreakrieg tobte und US-Piloten auf der ganzen Welt im Einsatz waren, begann die Jacke langsam, sich auch außerhalb des Militärs zu verbreiten. Erste Exemplare tauchten über den Schwarzmarkt in Europa auf. Später exportierte die Firma Alpha Industries offiziell MA-1-Jacken für europäische Luftstreitkräfte und den zivilen Markt. Damit begann der Siegeszug der Bomberjacke in die europäischen Straßen. Beliebt war sie in Großbritannien, wo sie unter dem Namen scooter jacket schnell Kultstatus erreichte.
Vom Cockpit zur Subkultur
In den 1980er und 1990er Jahren machte die Bomberjacke dann endgültig Karriere. Subkulturen wie Punks, Skinheads, Gabber und später auch Ultras entdeckten die MA-1 für sich. In der Szene der sogenannten Oi!-Skins wurde die grüne oder schwarze MA-1 zum Erkennungszeichen. Später stieg auch die Hip-Hop-Kultur auf den Trend ein, was die Jacke endgültig zum Massenphänomen machte. Der Look war rebellisch, kantig und gleichzeitig funktional. Natürlich blieb das nicht ohne Kritik. In manchen Kontexten wurde die Jacke zum Symbol bestimmter politischer Gruppierungen, was ihren Ruf zwischenzeitlich belastete. Doch Mode ist wandelbar und mit ihr auch die Bedeutungen, die einem Kleidungsstück zugeschrieben werden.
Mainstream und High Fashion
Spätestens ab den 2000er Jahren war die MA-1 im Mainstream angekommen. Designer wie Raf Simons, Alexander Wang oder Vetements nahmen sich der Jacke an und interpretierten sie auf ihre eigene Weise neu: Oversized, mit Stickereien, in knalligen Farben oder mit Metallic-Finish. Gleichzeitig boomte auch der Retro-Trend. Originalgetreue Repliken von Alpha Industries oder Spiewak erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit. Die typischen Merkmale wie Ärmeltasche, Strickbündchen und Reißverschlüsse sind geblieben, während Farben, Materialien und Schnitte immer wieder angepasst werden.
Varianten und Weiterentwicklungen
Die klassische MA-1 ist längst nicht mehr die einzige Variante auf dem Markt. Modelle wie die CWU-45, ursprünglich als Nachfolger der MA-1 konzipiert, setzen auf zusätzliche Features wie einen Kragen oder wärmeres Innenfutter. Auch Materialien wie Leder oder glänzende Kunststoffe haben Einzug gehalten. Für die Damenmode wurden taillierte oder cropped Versionen entwickelt. Die Herrenmodelle präsentieren sich mal im minimalistischen Look, mal mit aufwendigen Patches. Der Begriff „Bomberjacke“ wird heute zudem oft weiter gefasst. Auch Blousons oder Collegejacken mit ähnlicher Silhouette fallen darunter, selbst wenn sie mit der ursprünglichen Fliegerjacke nicht mehr viel gemeinsam haben.
Ein Kleidungsstück mit Geschichte
Was die Bomberjacke so besonders macht, ist die Geschichte, die in jeder Naht steckt. Vom Einsatz in militärischen Extremsituationen über ihre Rolle in rebellischen Jugendkulturen bis hin zur globalen Modeindustrie: Die Bomberjacke hat viele Leben gelebt. Sie ist mehr als nur ein Kleidungsstück – sie ist ein Stück Zeitgeschichte. Und auch wenn sie heute in allen Farben, Formen und Preisklassen erhältlich ist: Ein Hauch Abenteuer, ein bisschen Rebellion und eine ordentliche Portion Coolness schwingen immer mit.